Pressemitteilung
"Der Bologna-Prozess ist kläglich gescheitert"
Interview mit dem ÖDP-Spitzenkandidaten Simon Gremmler zur Bildungspolitik
Interview zur Landtagswahl mit Simon Gremmler (26 Jahre),
Listenplatz 2 der ÖDP bei der Landtagswahl 2010 in NRW
Herr Gremmler, die ÖDP stellt in NRW Plakate auf mit „Bologna ist
keine Soße“ glauben Sie, dass das alle Wähler verstehen?
Gremmler:
Nein, sicherlich ist das ein Thema was nur einer bestimmten Gruppe
der Bevölkerung am Herzen liegt, bzw. ausreichend bekannt ist. Mit dem
Bologna-Prozess sollte ein Europäisierung des Studiums erfolgen,
besonders wahrnehmbar durch die neuen Abschlüsse Bachelor und Master.
Dies ist jedoch in der Umsetzung kläglich gescheitert. Immer weniger
Studenten gehen ins Ausland, sie stecken wegen dem neuem Punktesystem
in einem andauernden Prüfungsstress. Zudem sind die Ausarbeitungen der
Studiengänge teilweise übers Knie gebrochen und kaum mit der
Studierendenschaft abgestimmt.
Wie steht die ÖDP zu der
Bachelor- und Master-Einführung?
Gremmler: Es ist momentan
nicht für jeden Bachelor ein Master-Platz vorhanden, obwohl in vielen
Bereichen der Bachelor faktisch nur ein Vordiplom und keine volle
Berufsausbildung anbietet. Das Land muss aber jedem eine volle
Ausbildung gewähren. Daher müssen ausreichend Masterplätze verfügbar
sein.
Die ÖDP lehnt, wie auch SPD und Grüne Studiengebühren
ab, was ist ihre Motivation für diese Position?
Gremmler:
Die Gebühren stellen eine Hemmschwelle für den Studienantritt und eine
Belastung im Studienverlauf dar. Einkommensärmere Schichten trifft dies
besonders. Deutschland braucht aber mehr Hochschulabsolventen. Darüber
hinaus muss die Hochschulbildung auch mehr aus der Humboldt’schen
Bildungssicht heraus gesehen werden. Es geht hier auch um eine
Persönlichkeitsentwicklung und nicht nur um Auswendiglernen und
Wissenanhäufung.
Ein zentrales Wahlkampfthema ist die
Schulpolitik - haben sie dazu Konzepte?
Gremmler: Ohja, und nicht
erst seit gestern. Schon seit Anfang der 90ziger Jahre spricht sich die
ÖDP in NRW für ein zweigliedriges System aus. So wollen wir das
Gymnasium als einen Ort der Lehre, die speziell auf ein Studium
vorbereitet, erhalten. Statt dem Kuddelmuddel von Gesamt-, Haupt und
Realschulen plädieren wir für eine einzige zweite Schulform, deren
Ausrichtung auf der Vorbereitung der Schüler für den Ausbildungsmarkt
liegt.
Grenzen Sie damit nicht gewisse Personen aus?
Gremmler:
Auch an dieser Schulform wird die Hochschulreife zu erlangen sein. Nur
im Fokus des Unterrichts, was z.B. auch Anzahl und Ausmaß von
Berufspraktika angeht, sollen hier andere Dinge stehen als am Gymnasium.
In dieser Form gleicht es einer kleinen Gesamtschule: alles ist
möglich, jeder nimmt seinen Weg. Das Gymnasium bildet in diesem Ansatz
eben spezieller auf ein Hochschulstudium vorbereiten.
Und wer
trifft diese Auswahl für die jeweilige Schule?
Gremmler:
Die Lehrer müssen hier mit einbezogen werden, da es hier nach der
Persönlichkeit des Kindes und nicht allein dem Elternwunsch gehen darf.
Zudem plädiert die ÖDP für eine Grundschulzeit von 6 Jahren, um den
Schülern/innen mehr Raum und Zeit zu geben sich zu entfalten. Die
Trennung nach den bisherigen 4 Jahren Grundschule erfolgt viel zu früh.
Bildung
wird oft als Mittel für mehr Integration genannt, wie stehen Sie dazu?
Gremmler:
Ich befürworte inhaltlich diesen Satz, doch will es nicht dabei
belassen. Für eine erfolgreiche Integration muss hauptsächlich Kontakt
vorhanden sein und zwar nicht Kontakt innerhalb einer Gruppierung
sondern nach außen, innerhalb der Gesellschaft. Eine durchmischte Wohn-
und Lebenskultur sowie gute Sprachkenntnisse ebnen den Pfad zum
gemeinsamen Zusammenleben. Hier muss entsprechend gefördert und geholfen
bzw. angespornt werden.